Presse

Pressebereich • Pressebereich • Pressebereich • Pressebereich • Pressebereich

Pressebereich • Pressebereich • Pressebereich

• Pressebereich •

Rede zur Vernissage für die Bilder „Aufrecht stehen…“ von Reinhard Minkewitz und „Arbeiterklasse und Intelligenz“ von Werner Tübke am 30.03.2015

• Reden & Beiträge •

Prof. Dr. Beate Schücking, Rektorin der Universität Leipzig & Michael Kölsch, Vorstand der Stiftung Friedliche Revolutoin

Gemeinsame Begrüßung
durch die Rektorin der Leipziger Universität, Prof. Dr. Beate Schücking, und Michael Kölsch vom Vorstand der Stiftung Friedliche Revolution aus Anlass der Vernissage für die Bilder „Aufrecht stehen…“ von Reinhard Minkewitz und „Arbeiterklasse und Intelligenz“ von Werner Tübke am 30.03.2015 in der Uni Leipzig

Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Mitglieder des Vorstandes und des Kuratoriums der Stiftung Friedliche Revolution,
sehr geehrte Mitglieder des Europäischen Parlaments, des Bundestages und des Landtages,

liebe Frau Tübke-Schellenberger,
liebe Frau Rotta,
lieber Herr Minkewitz,

sehr verehrte Frau Schmutzler
sehr verehrte Frau Sommer-Bloch,
sehr verehrte Mitglieder der Familie Ihmels,

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

im Namen der alma mater lipsiensis möchte ich Sie herzlich begrüßen zu einer besonderen Veranstaltung. Für mich steht der heutige Tag unter der Überschrift „Ende eines Disputes – Beginn eines Dialogs“. Ab heute kann die Universität stolz in ihrem Hörsaalgebäude zwei großformatige Gemälde präsentieren: Aus ihrem eigenen Kunstbesitz Werner Tübkes Gemälde „Arbeiterklasse und Intelligenz“, das als eines der Hauptwerke der „Leipziger Schule“ gilt, und, durch die Leihgabe der Stiftung Friedliche Revolution ermöglicht, Reinhard Minkewitz` Gemälde: “Aufrecht stehen – für Herbert Belter, Ernst Bloch, Werner Ihmels, Hans Mayer, Wolfgang Natonek, Georg-Siegfried Schmutzler

Zwei Beispiele realistischer Malerei, zwei Bilder mit intensivem Bezug zur jüngeren Geschichte der Universität, und damit auch der Stadt Leipzig, im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts. Zwei Bilder auch mit intensivem Bezug zu Erich Loest – ohne ihn wäre dieses Gesamtprojekt der öffentlich zugänglichen Dauerausstellung in der Universität nicht denkbar. Und ich erinnere mich gerne an meine Gespräche mit ihm, in denen wir gemeinsam den Weg zur heutigen Vernissage entwickelt haben, und ich bedauere es, dass er diesen Tag nicht mehr miterlebt.

___

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

auch von mir im Namen der Stiftung Friedliche Revolution Ihnen allen ein sehr herzliches Willkommen!

Hätte sich Erich Loest darauf beschränkt, gegen Paul Fröhlich nur anzuschreiben, der Universität wäre ein schmerzhafter Prozess der Vergangenheitsaufarbeitung, Erich Loest und Reinhard Minkewitz eine jahrelange, kräftezehrende Auseinandersetzung um die Hängung des Bildes „Aufrecht stehen…“ erspart geblieben. Loest wollte, dass die Antwort auf oder besser der Kommentar zu Werner Tübkes „Arbeiterklasse und Intelligenz“ mit dem Pinsel und nicht nur mit der Feder gegeben wird. Er wollte einen Dialog zwischen zwei Bildern anregen und diesen quasi materialisieren – verorten an dieser Universität, an authentischer Stätte. Einer Stätte der Bildung, auch der politischen Bildung, und daher besonders geeignet für die Auseinandersetzung mit Vergangenheit – für Studierende wie Lehrende.

___

Die Studierenden prägen die Universität, das macht einen guten Teil ihres Charmes aus -die Jugend. Die jetzige Generation ist weit entfernt von dem auf beiden Bildern jeweils dargestellten Spannungsbogen. Es ist zumeist Aufgabe der Älteren, zu erinnern – und das macht die alma mater lipsiensis beispielsweise durch die Verleihung der Würde eines Professors 1992 an Wolfgang Natonek durch das Ministerium auf Vorschlag der Universität und die Vergabe eines nach ihm benannten Preises für herausragende Studierende, durch den Theodor-Litt-Preis für gute Lehre, durch die regelmäßigen Belter-Dialoge und das Ehrenbuch der Universität zur Erinnerung an die Opfer der beiden deutschen Diktaturen. Das Bild von Reinhard Minkewitz wird dazu helfen, die Namen mit sichtbarer Gestalt zu füllen. Die Geschichte, die beide Bilder verbindet, wird Diskussionen anregen.

___

Reinhard Minkewitz’ „Aufrecht stehen…“ muss dabei aus heutiger Sicht nicht zwingend als Gegenbild zu Werner Tübkes „Arbeiterklasse und Intelligenz“ verstanden werden. Beide Werke stehen für sich und für die Zeit, in der sie geschaffen wurden. Sie konkurrieren, kommunizieren und profitieren voneinander – auch durch die räumliche Nähe. Das Spannungsfeld zwischen ihnen klagt an, klärt auf und mahnt.

Und eben dies spiegelt wider, was unsere Stiftung im Kern ausmacht. Sie tritt ein für Freiheit, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung und sie ruft auf, sich zu empören, den Finger in die Wunden unserer Zeit zu legen. Dabei bezieht sie sich auf die Losungen von 1989 „Keine Gewalt“, „Wir sind das Volk“, „Schwerter zu Pflugscharen“ und „Offen für alle“. „Aufrecht stehen…“ und dessen Hängung neben „Arbeiterklasse und Intelligenz“ spricht ihr gewissermaßen aus der Seele. Wir waren gerne Geburtshelfer und freuen uns auf die vor uns liegende Arbeit mit dem Projekt. So wird es, das ist der Plan, Diskussionsforen geben, auch online, Veröffentlichungen unserer Stiftung und solche, die wir unterstützen. Wir freuen uns besonders auf die Partizipation junger Mensche und finden, es steht dieser Universität, der Stadt Leipzig gut zu Gesicht, dass hier über Bilder inhaltlich gestritten wird und nicht, wie üblich in unserer Zeit, nur über deren materiellen Wert. Wann gab es das zuletzt?!

Reinhard Minkewitz hat die Figuren seines Bildes lebensgroß gemalt, damit der Betrachter ihnen direkt begegnet. Die sechs Aufrechten mit ihren Respekt gebietenden Viten, Erich Loest selbst, die subtile Farbigkeit des Gemäldes, das rostrote Hämatit, ein Farbpigment übrigens, das auch im menschlichen Blut enthalten ist, das Trümmerfeld als Verweis auf Erich Loests Buch „Durch die Erde ein Riss“, der unsichtbare Hörsaal Nr. 40 sowie das Wechselspiel zwischen beiden Bildern wird ein fruchtbares Milieu für künftige Auseinandersetzungen sein. Bereits die vergangenen neun Jahre haben bewiesen, beide Bilder zusammen ergeben ein explosives Gemisch.

___

Mein Vorgänger im Amt, Prof. Häuser, berief 2004 eine Kunstkommission mit dem Auftrag ein, Aufstellungsvorschläge für Kunstobjekte der Universität im neu entstehenden innerstädtischen Campus zu unterbreiten. Das darauf hin entwickelte Kunstkonzept schlug die Präsentation des Bestandes in fünf sog. Erinnerungskomplexen vor – von den spätmittelalterlichen Dominikanerfresken bis hin zur sozialistischen Universität. Zugleich fußt das Konzept auf der Vorstellung, dass alle bedeutenden Epochen – soweit mit Werken in der Sammlung dokumentiert – vertreten sein sollten. Galt es einerseits, die verschütteten historischen Bestände ans Licht zu holen, erschien es andererseits selbstverständlich, auch die DDR-Zeit zu thematisieren. Dass gerade dieses Kapitel mit einem Höchstmaß an Emotionen verknüpft war, lag auf der Hand. Die Diskussionen gingen auch darum, das Tübke-Bild im Neubau am Augustusplatz anzubringen. (Da in unseren Gebäuden Wände von 14 Meter Länge ohne Türen Mangelware sind, war dieser Standort auch aus praktischen Erwägungen ohne Alternative).

Im Verständnis der Universität handelt es sich bei dem Bild primär um ein Zeugnis seiner Entstehungszeit, das es angesichts seiner historisch und kunsthistorisch überragenden Bedeutung zu präsentieren und kritisch zu reflektieren gilt. Auf dem Tübke-Bild dargestellt sind mehr als 100 Personen: Mitglieder und Studenten der damaligen Karl-Marx-Universität, Bauarbeiter des Universitätsneubaus am Augustusplatz und drei politische Funktionäre. Prof. Zöllner wird später noch unseren Blick darauf aus kunsthistorischer Sicht erweitern. Mit der Vielfalt der bildlichen Darstellung eröffnen sich breite Interpretationsspielräume, entsprechend sind über dieses wichtige Werk bereits Vorträge gehalten und Bücher geschrieben worden. Ich bin gespannt darauf, wie die neue Generation von Studierenden und Lehrenden an der Universität ihren Weg finden wird, sich von den Bildern anregen zu lassen zu Diskurs und Dialog, zur Auseinandersetzung mit Zeiten, in denen studentische Freiheiten, ja der Zugang zum Studium selbst reglementiert war. Und ich bin sicher, dass auch die außeruniversitäre Öffentlichkeit sich daran beteiligt. Dass es Führungen geben wird und Einzelpersonen, die die Bilder suchen und leicht finden werden. Und sich dann ihr eigenes Bild machen.

___

Erich Loests Idee wäre nicht Wirklichkeit geworden ohne Ihre finanzielle Unterstützung und Ihren kämpferischen Einsatz, verehrte Frau Rotta. Vielen Dank dafür. Vielen Dank auch Ihnen, verehrter Herr Minkewitz, für Ihre Geduld, den langen Atem, aber insbesondere für ein wunderbares, einfühlsames, intelligentes Kunstwerk, über welches wir noch sehr viel Interessantes und Aufschlussreiches erfahren werden. Danken möchte ich Ihnen, verehrte Frau Prof. Schücking, für die Bereitschaft, das Gemälde von Reinhard Minkewitz dauerhaft in Ihrem Haus zu präsentieren. Es ist ein wichtiges, ein bedeutendes Zeichen, das von dieser Entscheidung ausgeht. Und danken möchte ich schließlich auch Ihnen, Herr Dr. Langenfeld, dafür, dass die Sparkasse Leipzig mit einer großzügigen Spende maßgeblich zum Gelingen des Projekts beigetragen hat. Ich bitte um Verständnis, dass ich an dieser Stelle nicht all die zahlreichen Personen und Einrichtungen, die sich im Laufe der Jahre mit Herzblut für die Realisierung des Projektes eingesetzt haben, ideell wie finanziell, namentlich erwähnen kann. Ihnen allen gilt unser aufrichtiger Dank.

Mein besonderer Dank, m. D. u. H. – und damit möchte ich schließen, gilt allen voran Erich Loest als einem der Aufrechten für die Idee, die Initiative, die Leidenschaft, mit der er sein Ziel verfolgt, seinen Kampf gegen die Geschichtsvergessenheit geführt hat. Alleine dieser gemeinsame Kampf zusammen mit seinem Verbündeten und Freund Reinhard Minkewitz hat bis heute viel bewirkt, viel verändert. Insofern waren es zwar aufreibende, aber in der Sache wertvolle neun Jahre. Mögen sich in den Dialog der Bilder, den Loest initiiert hat, viele Menschen einmischen, mögen sie sich und andere darüber politisch bilden, möge von diesem Dialog die Botschaft „Keine Gewalt“, „Wir sind das Volk“, „Schwerter zu Pflugscharen“ und „Offen für alle“ deutlich vernehmbar ausgehen. Das wünschen wir Erich Loest und seinem Projekt. Dies zu befördern steht die Stiftung Friedliche Revolution mit großer Freude zur Verfügung.

Vielen Dank
gez. Michael Kölsch

___

Dem Dank an alle genannten möchte ich mich anschließen, und ihn noch erweitern mit Dank an Sie, lieber Herr Kölsch, stellvertretend für die Stiftung, und an die Stadt, an den Oberbürgermeister und sein Team. (Auch hier lebt unser Kooperationsvertrag, lieber Herr Jung!) Dank an alle anwesenden Angehörigen von Familienmitgliedern, die hier einen besonderen Bezug zu einem der Bilder haben, und die uns auch materiell unterstützt haben. In eher sparsamen Zeiten hat eine Universität für Kunst leider nicht viel materielle Unterstützung zu bieten.

Mein weiterer Dank gilt der Kunstkommission in Zusammenarbeit mit dem Dezernat Planung und Technik der Universität für die Entwicklung der Standortidee für das Tübke-Gemälde. Die bauliche Umsetzung wurde unterstützt durch das Architekturbüro Behet, Bondzio, Lin, Münster, sowie den staatlichen Eigenbetrieb Sächsisches Immobilien Baumanagement, Niederlassung Leipzig II. Ein besonderer Dank gebührt auch der Kustodie, Prof. Dr. Rudolf Hiller von Gaertringen und seinen Mitarbeitern, für die Erarbeitung einer Klimalösung, die eine Herausforderung darstellte, und den Planer und der ausführenden Firma. Bei der Installation des Gemäldes durften wir auf die Amtshilfe des Museums für Bildende Künste Leipzig in Person von Diplomrestaurator Rüdiger Beck zurückgreifen. Die Finanzierung der Grossvitrine förderten Frau Brigitte Tübke-Schellenberger, Leipzig, sowie Dr. Eduard Beaucamp, Frankfurt am Main, mit namhaften Beträgen: Für dieses Engagement gebührt Ihnen mein aufrichtiger Dank!

gez. B. Schücking

Cookie Consent mit Real Cookie Banner